Wenn ich zwischendurch mal aus meiner Filterblase hervorschrecke, dann hat das in den letzten Jahren immer ganz bestimmte Gründe. Was ich sagen will ist, dass meine Angst in Bezug auf bestimmte gesellschaftliche Dynamiken wächst und ich mich relativ hilflos fühle. Es geht darum, dass bestimmte Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit, die früher unantastbar galten, heute von vielen garnicht mehr gewollt scheinen und als Ballast verstanden werden (wenn sie überhaupt schon mal gehört wurden).
Ich möchte nur mal drei dieser Grundsätze einfach nennen, gegen die sich heute viele Leute direkt oder indirekt ausssprechen. Grundsätze die mir besonders wichtig erscheinen, aber die heftig auf mehreren Ebenen (politisch, rechtlich, wirtschaftlich, usw.) unter Beschuss stehen.
- Unschuldsvermutung.
- Keine Angriffskriege, bzw. allg. kein präventiver Einsatz der Staatsgewalt (z.B. präventive Haft usw.)
- Gewaltenteilung
Ich kenne ein paar sonst gute und intelligente Leute, die sich zwar nicht explizit gegen einen Rechtsstaat aussprechen würden, die aber auf seltsame Weise genau das tun.
Gewaltenteilung und Freiheitsrechte werden schnell mal zu einer Art Ermittlungshindernis. Oder viele glauben auch wirklich, dass man mit Überwachung Attentate verhindern kann und es dadurch sicherer wird. Und wenn das nicht hilf, ja dann muss man eben die Gewaltenteilung abschaffen, die Unschuldvermutung aufheben und präventiv zuschlagen.
Wenn man sich die Rechtsstaatsituation in Amerika zur Zeit ansieht, dann ist es bei uns natürlich noch vergleichsweise harmlos. Die Bundeskanzlerin kann niemanden einfach so auf Todeslisten setzen, Präventivkriege führen, Deutsche oder Ausländer einfach so von der Strasse holen und unbefristet wegsperren, ggf. foltern oder töten .... natürlich ohne ordentliches Verfahren. Das kann der amerikanische Präsident, bzw. seine Dienste ja nun mind. mit den Patriot Acts (und sie tun es ja auch).
Aber wenn man sich die Zustimmungsraten für Obama in Deutschland ansieht, dann wird wohl klar auf welchem Weg wir uns befinden.
Wenn man zwischen den Zeilen zuhört was viele Leute sagen, dann scheint es mir einen krassen Ruck in Richtung des Wunsches nach einem autokratischen Regierungssystem zu geben, das weder auf Grundrechte, noch auf Gewaltenteilung, noch auf die Unschuldvermutung Rücksicht nimmt und Staatsgewalt präventiv einsetzt. Und hört Euch an wirklich an, was ihr da auf den Propagandakaffeefahrten zwischen den Zeilen gesagt bekommt. ...was ich meine betrifft (ausser vielleicht die Piraten) alle Parteien!
Es gibt nun verschiedene Gründe woran das liegen kann. Ein wichtiger scheint mir zu sein, dass viele die Rationalität hinter unserer Verfassung nicht verstehen und es für eine Wohlfühlveranstaltung halten. ... Als ob unsere Verfassungsväter nur nicht darauf gekommen sind, das die Guten natürlich alles dürfen können müssen... An anderen Stellen hier habe ich mich schon oft darüber ausgelassen, und gerade möchte ich auch keinen Aufsatz über die Rationalität unserer Verfassung schreiben.
Ich möchte nur feststellen, dass ich immer öfter Angst bekomme, wenn ich mit ganz normalen Leuten spreche. Natürlich nicht vor den Leuten, sondern vor dem Gespenst was da ganz offensichtlich in Demokratien umgeht. (auch bei G+)