"Der politische Preis, den Rechten jetzt nachzugeben, ist immens.
Der Gewinn = Null." (@nminkmar on X)
Der folgende Text ist mein Kommentar zu dem genannten Post auf X.
Was Poitik angeht würde ich meinen, dass in einer Demokratie schon das "Nachgehen" selbst, egal wem, die Konsequenz eines anderes Preises ist, den man schon zahlte; nämlich den Preis sich von der Idee verabschiedet zu haben, dass es in einer offenen Gesellschaft wichtig ist den Mut aufzubringen sein eigenen Verstand zu benutzen und dass es eine für alle sinnvolle Idee ist Menschen nicht einfach als Durchlauferhitzer, weitergeber, bzw. nachgeher von Äußerungen und ihren Derivaten zu sehen.
Aber irgendwie passt dieses "Nachgehen" schon in den Zeitgeist, der ja gerade auch gern nochmal Demokratie als etwas vorstellt, das über Prinzipien zu strukturieren wäre. Früher konnte man sich besser ein Ideal der Gesellschaft vorstellen, dass es anzustreben gilt (heute erscheint das eher als eine Art dyfunktionale Nostalgie). Aber gut, wenn man das möchte, dann benötigt man dafür natürlich Repräsentanten dieser Ideale, denen man dann "nachgehen" kann. Das Spiel, das sich aus solchen Vorstellungen entwickelt erscheint erstaunlich (und nicht gerade beruhigend) vorhersagbar.
Klassischerweise beschreiben wir aber aus guten Gründen Demokratie als eine Politikform, in der die Unterscheidung zwischen Regierung und Opposition zentral vorgestellt wird und der Souverän alle x Jahre wählt welche Parteien für die nächste Legislatur als Regierung und welche als Opposition arbeitet. Diese Form legt sozusagen die Zukunft nicht fest, sondern ermöglicht Politik unabhängig von einer Wesenheit irgendeines Ideals, dem es zu folgen gilt und das letztlich die Zukunft vorgibt.
Der Vorteil von Idealen abzusehen liegt auf der Hand, wenn man z.B. die Veränderungen der Weltbilder über die Zeit betrachtet, dann hat man in der Form von Demokratie eine zukunftsoffene, anpassungsfähihe Struktur, die zumindest eine Chance hat auf ihre jeweilige Umwelt einzugehen.
Wenn man dazu überlegt, dass man auf die regelmäßige Enttäuschung von Erwartungen nur zwei Reaktionsmöglichkeiten hat, nämlich 1. Man passt seine Erwartungen an, das kann man dann Lernen nennen, oder 2. Man behält die Erwartung (im Zweifel gegen die Enttäuschung) bei, das nennen wir dann Normierung.
Das berücksichtigt ist ein Ideal natürlich eine Art Norm, zumindest eine Stelle, an der Lernen ausgeschlossen wird, die, vorausgesetzt die Gesellschaft und die psychischen Syteme sind keine trivialen Maschinen, keine fruchtbaren Zukunfstchancen hat.
In funktional differenzierten Gesellschaften ist selbst der nostalgische Anflug nach dem Wunsch wieder nach einem Ideal denken und strukturieren zu können gefährlich, also nicht mal mehr als naive Illusion schadlos.
Zwar erscheint dann alles so schön übersichtlich und einfach, allerdings ist alles auch beim Versuch genau das zu kommunizieren zur absoluten sozialen Eskalation verdammt. Das Freund/Feind Schema ist quasi ein Kind von Idealen.
Zumindest in einer Welt in der wir enorm abhängig sind von idealfreien, zukunftsoffenen und lernfähigen Strukturen, auch und vor allem in der Politik, ist es nachvollziehbar tragisch, wenn, aus Nostalgie oder Schlichtheit die gesellschaftlichen Voraussetzungen für zukunftsoffene und lernfähige Strukturen angegriffen werden, indem statt dessen Prinzipien und Ideale vorgegeben werden, denen man "nachgehen" sollte.
Die Geschichte zeigt, dass selbst grausame Gewaltanwendung letztlich nicht ermöglicht Ideale gesellschaftsweit durchzuzwingen, einfach, weil Kommunikation und Bewusstsein keine Trivialmaschinen sind und oben drauf beides mit Differenzschemata arbeitet, so dass die Einheit der Differenz im Zusammenfall von Operation und Beobachtung theoretisch und praktisch ausgeschlossen werden kann.