Freitag, 3. Juni 2011

Jenseits der Perspektive

Wenn man sich die eigene -auf eine Position hin bündelnde- Perspektive wegdenkt, wie sieht dann der Horizont aus? In welcher Richtung wölbt er sich dann? Wölbt er sich überhaupt noch? Man könnte die Frage anders formulieren: Wie sieht die Welt aus, wenn man sie von allen Seiten gleichzeitig beobachten würde?

Das Wort Perspektive ist abgeleitet aus dem Lateinischen perspicere = hindurchsehen, hindurchblicken (http://de.wikipedia.org/wiki/Perspektive) und deutet eine Position an, auf die hin sich eine Beobachtung fokussiert. Was aber, wenn wir in einem Gedankenspiel das Loch des Hindurchblickens, wenn man so will den Locus observandi wegdenken?

Unser phänomenales Erleben führt uns zunächst eine Perspektive vor, die uns suggeriert wir würden durch unsere Augen hindurch, auf eine uns gegenüberstehende dreidimensionale Welt blicken. Neben den Bedingungen der Möglichkeit binokularer Raumwahrnehmung, also: Parallaxe, Akkomodation, Konvergenz, usw., finde ich dabei vor allen Dingen interessant, wie sehr wir in unserem Denken, in unseren Bildern an diesen Dimensionen hängen und wie wenig wir uns anderes vorstellen können.

Um diesem nicht-optischen, nicht physiologischen, nicht physikalischen Aspekt, nämlich dem psychologischen Aspekt, ein bischn näher zu kommen und um die Richtung zu verstehen, in der sich dieser Text auf (für den Autor) unbekanntes Terrain begibt, ist es unabdinglich sich das 4D-Gedankenexperiment von Carl Sagan genau anzusehen. Das folgend verlinkte Video ist diese wunderbare Anleitung, deren Befolgung dazu führt sich ansatzweise vorstellen zu können, wie ein Wesen die Welt sieht, das vier Raumdimensionen wahrnehmen kann. http://www.youtube.com/watch?v=UnURElCzGc0

An dieser Stelle merke ich, dass ich nicht weiterkomme mit der Idee etwas beschreiben zu wollen, dass meiner eigenen Beschreibung nach nicht wahrnehmbar ist. Es wäre ja nicht unbedingt ein Widerspruch etwas beschreiben zu wollen, das nicht wahrnehmbar, sondern nur denkbar ist. Allerdings gerät man höchstschnell in Plausibilisierungsprobleme, und ich kann der -in der Tat- genialen Anleitung von Carl Sagan sich ein 4D Objekt vorszustellen nichts essentielles hinzufügen.

Deswegen (um mir einen Schluß abzuringen, den ich selber einigermaßen plausibel finde) möchte ich die Frage nochmal umformulieren in: Wenn es im Sinne des Gedankenexperimentes mehr als drei Raumdimensionen gibt, wie machen diese sich in unserem dreidimensionalen Erleben bemerkbar? Ich frage also nicht mehr: Wie sieht die Welt in vier oder mehr Dimensionen aus, so wie sie für uns nicht aussehen kann? Sondern ich frage: Was in unserer Wahrnehmung lässt sich darauf zurückführen, dass wir in einer vieldimensionalen Welt leben? In welcher Form drückt sich die Vieldimensionalität der Welt in unserem Erleben aus? Bisher fällt mir darauf nur eine Plausible Antwort ein: Zeit.


Zeit als Phänomen nicht weiter auflösbarer Raumdimensionen in unserer Wahrnehmung

Naheliegend scheint mir erstmal davon auszugehen, dass unser Zeiterleben eine Art Krücke ist. Annahme: Die Realität höherer Dimensionen erscheint in unserem Erleben als Veränderung, als Zeit.

Mit anderen Worten: So wie die Flatlander im Beispiel den Apfel nicht als ganzen, sondern nur als sich in ihrer Form ändernder “Scheiben” wahrnehmen (siehe Video oben) , so nehmen wir höherdimensionierte “Objekte” nur als sich in der Zeit verändernde dreidimensionale Objekte wahr.

Wesen, die z.B. vier oder mehr Dimensionen wahrnehmen, hätten eine andere Perspektive auf  die Welt und würden Aspekte der Welt gleichzeitig wahrnehmen, die für uns nur als Veränderung in der Zeit, nicht-gleichzeitig, wahrnehmbar sind. Dem Gedankenexperiment von Carl Sagan folgend würde ein solches Wesen z.B. Innen und Aussenseite eines Hauses gleichzeitig wahrnehmen können; wir brauchen dafür Zeit, um erst die eine und dann die andere Seite anzusehen. (vgl. Carl Sagan Gedankenexperiment, oben)

Ganz sicher bin ich, das wir zu schnell die Rechenoperationen des Gehirn, welche Welt als dreidimensionales phänomenales Erleben hervorbringen, verwechseln mit der Welt selbst. Um die Sache komödiantisch auf den Punkt zu bringen, würde ein Tweet hier wohl von einem ‘empfohlenen atheistischen Bilderverbot’ sprechen. Denn das zu direkte, abstraktionsfreie Orientieren an der eigenen Wahrnhemung scheint bestimmte Problemlösungen zu verstellen.

Zum Beispiel unser Organismus scheint mir ein vieldimensionales Gebilde zu sein, das wir aber nur in drei Dimensionen wahrnehmen können. Nach meiner These wären "Gene in Betrieb" (Genotyp) ein vieldimensionales Gebilde, das für uns nur als dreidimensionales, sich veränderndes Gebilde (Phänotyp) wahrnehmbar ist.
Würden wir die Dynamik eines Organismus besser verstehen, wenn wir die Strukturen, die wir wahrnehmen, als dreidimensionale Reduktion eines mehrdimensionalen Gebildes beobachten?

An dieser Stelle werden meine Gedanken gerade zu freigängig, deswegen beende ich den Text jetzt einfach erstmal.