Sonntag, 22. Februar 2015

Wissenschaft, Wahrheit, Ideologien und Politik

Mit der Wahrheit anzukommen ist halt immer auch den Standpunkt des anderen gleich mitzubestimmen und in dieser Hinsicht leicht mit Macht zu verwechseln. Was formal allerdings ein Trugschluss wäre. Denn obgleich immer Versuche da sein werden die Darstellung als Wissenschaft für genau solche Machtaspekte zu nutzen, so bleibt es doch dabei: In der Wissenschaft selbst gelten andere Gesetze der Beobachtung und dementsprechend andere Regeln dafür wie und in welchem Umfange es unter Wissenschaftlern Resonanz findet. Die wissenschaftlicge Methode, die hier im Allgemeinen gemeint ist, führt Beobachtungen unter der Bedingung, dass etwas nachvollzogen und von anderen auf seine Bedeutung hin beobachtet, bzw. bestätigt oder wiederlegt werden kann. Eine solche Methode schuldet sich die Wissenschaft in der weisen Berücksichtigung der Tatsache, dass …. wenn man so will, Wahrheit als nicht absolut möglich erkannt wurde und so Wahrheit behandelt wird als nächstbeste, gerade noch nicht überwundene falsche Hyphothese (http://www.mediathek.at/atom/14D00FD8-250-000F5-00000B48-14CEEFB7). Das ist vereinfacht gesagt allgemeiner Konsens in der Wissenschaft, dass sozusagen die Wissenschaft quasi vom Dissens und von der Bewätigung der Spannung zwischen Hypothesen und ihrer Bewertung lebt und so im Prinzip Offenheit für Ungewisses bewahren und gleichzeitig Beobachtungen und Erwartbarkeit, auf Zuverlässigeit hin verdichten kann. Nur ist Wissenschaft deswegen genuin nicht geeignet, um z.B. politische Machtstrukturen zuverlässig zu unterstützen, denn der Punkt an dem die Wissenschaft die Ungewissheit im Schilde führt, an dem Punkt bauen z.B. politische Machtsysteme (z.B. Parteien) auf Erwartbarkeit und Sicherheit, als Grundlage für Ihre Entscheidungen. Politik muss sozusagen in die Glaskugel gucken, die der Wissenschaft nicht zur Verfügung steht und eine Sichtweise und ihre erwünschten Konsequenzen als festgelegt implizieren, um aktuell prinzipiell ungewisse Entscheidungen treffen zu können. Deshalb sind z.B. Politiker immer gut beraten, sich für jedes Problem mind. zwei verschiedene (bestenfalls nicht unterschiedlich legitime) wissenschaftliche Gutachten einzuholen, sich quasi von Wissenschaft auf hohem Niveau verwirren zu lassen, um daraufhin verantwortlich eine Entscheidung zu treffen. Die Tatsache, dass Politiker (oder andere) gern Ihre Verantwortung für aktuelle Entscheidungen sozusagen weiterreichen, in dem Gesagt wird: „So ist das da, dass haben Wissenschaftler in Dingenskirchen gesagt.“, funktioniert nur so „gut“, weil ein gehöriger Teil der Gesellschaft, der nicht dem Funktionssystem der Wissenschaft zuzuordnen ist, die Vorstellung von Wahrheit, als etwas als „für alle Zeiten in Stein gemeißelt und für alle Beoabchter letztlich als zwingend“ in sich´trägt. Ob eine solche Grundhaltung ideenevolutionstheoretisch mit der kultivierung monotheistischer Religionen zu begründen ist?, wie auch immer: Wissenschaftstheorie zeigt uns anschaulicher als ich es hier kann, dass wir mit einer solche Grundannahme schief liegen. Nichts desto trotz: Nicht dass die Verwendung dieses Impetus sozusagen als rhetorisches Mittel völli verachtenswürdig und illegitim wäre, nur die Benutzung rhetorischer Mittel als Argumentersatz ist halt formal keine Wissenschaft, ja nicht mal ein vernünftiger Ansatz Wissenschaft Nicht-Wissenschaftlern zu vermitteln (weil es eben zu Trugschlüssen verleitet). Rhetorik erzeugt und spielt mit Ideologien, als - sagen wir mal - höher Generalisierte Ideen, die uns Orientierung geben im Sinne von: Sie helfen uns jetzt Entscheidungen trotz (bzw. wegen) einer ungewissen Zukunft zu treffen. Wir können quasi mit Ideologien unbeantwortbare Fragen beantworten, wir können damit Entscheidungen treffen, angesicht der Tatsache, das wir immer auch durch noch zu gut kalkulierte Wahrscheinlichkeiten mit Ungewissheit von Konsequenzen konfrontiert sind.

Mein Punkt wollte hier aber glaube ich nur werden, dass es nicht von Übel wäre, wenn Wissenschaft auch von Otto Normal nicht mehr betrachtet wird als Instanz, die durch die Feststellung von Wahrheit Fragen beantwortet (im Sinne von Fragen dezimieren) und so Sicherheit schafft, sondern gesehen wird, wie sie sich selbst sieht, nämlich als eine Instanz die Ungewissheiten erzeugt, die durch jede beantwortete Frage meherere neue Fragen erzeugt und nicht nur in Richtung Technologierisiken immer mehr Möglichkeiten (Unsicherheiten) erzeugt und sich so durch eine ungewissere Zukunft bezahlen lässt. Natürlich bringt es Vorteile mit sich, den Preis zu zahlen, aber dass es gleichzeitig mehr Sicherheit mitsichbringt, das ist und bleibt eine relativ naive und letztlich verantwortungslose Mär, die bestenfalls infantilem Wunschdenken entspringt.

Vielleicht würde Otto Normal, wenn man ihm mal etwas alltagsnäher und eindringlicher von dieser fundamentalen und prinzipiellen, geradezu zu Verantwortung zwingenden Ungewissheit erzählt (ohne ihm dabei gleichzeitig unverständlichen und lächerlichen Unsinn über eine Katze zu erzählen, die gleichzeitig tot und lebendig ist), vielleicht würde er dann eher auf verantwortliche Argumente achten, die vor allem aufeinander eingehen, wenn er sich doch in der Lage sehen würde verantwortliche Entscheidungen treffen zu müssen, weil er sich letztenendes nicht auf abzuhakende Wahrheiten berufen kann, die als „Es ist halt so“-Statements schnell auch mal eine fruchtbare Diskussion verstopfen, bzw. beenden können und eigentlich nur sagen: „Halts Maul und mach was ich Dir sage“. Eine Aussage, die hier und da deutlich Ihre Berechtigung hat, aber eben die Ausnahme sein sollte, weil bestimmte gesellschaftlich wichtige Strukturen sonst unterdrückt werden.

PS: Kommentar von +Klaus Kusanowsky https://differentia.wordpress.com/2015/03/07/inkommunikabilitat-von-wissenschaftlichkeit/