Montag, 17. Juli 2017

Babys, Autos und CO2

Dass Zeitungsartikel, Fernsehsendungen ünd ähnliches regelmäßig zu multiplen Facepalms veranlassen ist nichts besonderes. Nur dieser Artikel hier:
http://www.stern.de/panorama/wissen/umweltstudie---20-bmw-schaedigen-das-klima-weniger-als-ein-baby-7539938.html
verstört mich in so vielen Hinsichten mehr als der Durchschnittsartikel, dass ich mich entschieden habe in diesem kleinen Text hier, meine erste Verstörung etwas zu sortieren, sonst bekomme ich meine Hand nachher garnicht mehr aus dem Gesicht.

Die Überschrift lautet "20 BMW schädigen das Klima weniger als ein Baby" und der Artikel massiert diese Message einfach nur weiter ein. Vgl. bspw.

"Ich habe keine Kinder, aber ich beschäftige mich mit der Entscheidung und spreche mit meinem Verlobten darüber. Der Klimawandel wird sicher ein Faktor unserer Entscheidung sein, aber nicht der einzige...."

... ist doch klar: dann lieber einen BMW, der ist besser für das Klima! Wenn man drüber nachdenkt: Vielleicht wäre es wirklich besser für die Menschheit, würden Menschen, die so denken lieber einen BMW kaufen statt sich fortzupflanzen. Der Shice bringt mich echt in jeder Hinsicht an die Grenzen ertragbarer Pointen.

Nachdem ich dann feststellte, dass es kein Artikel des Postillon ist dachte ich zunächst: Man darf garnicht auf so einen Artikel reagieren, weil man dann irgendwie irgendetwas in diesem Artikel doch noch sinnvoll aussehen lassen könnte.
Sagt man beispielsweise: "Ja, aber man kann doch nicht Babys mit Autos vergleichen", "Babys sind doch viel wichtiger", so könnte man auf die Idee kommen Babys und Autos auf einer entsprechenden Wichtigkeitsskala zu positionieren. Und wenn man dann Babys wichtiger als Autos plaziert, dann ist man den Vergleich immernoch mitgegangen und erhält die Unterscheidungen. Unterscheidungen, die gleichzeitig implizieren, dass z.B. das Problem von Ölautos auf den CO2 Ausstoß reduziert werden kann.

> Autos stossen CO2 aus.
> Menschen stoßen CO2 aus.
> CO2 = Das Problem für das Klima.
= Menschen sind wie Autos ein Problem für das Klima.

Autos stossen übrigens für Menschen noch deutlich üblere Stoffe aus als CO2.
2015 sind ca. 7000 Menschen in Deutschland (tendenz steigend) nicht am CO2-Austoß der Autos, sondern durch deren Feinstaub- und Ozon-Austoß gestorben, das wird sozusagen als Problem der Ölautos wegimpliziert. (https://www.welt.de/gesundheit/article146534810/Mehr-Tote-durch-verpestete-Luft-als-durch-Unfaelle.html) Aber naja...Menschen können auch CO2-freie Autos bauen. Autos können (zumindest noch nicht) CO2-freie Menschen bauen. Mehr will ich garnicht auf den Scheiß eingehen.

Man munkelt auch es gäbe noch andere Stoffe die richtig übel für "das Klima" sind und noch viele andere Faktoren existent sind, die das Klima ungünstig beeinflussen. Z.B. dass mindestens 30 Jahre 20ha/min von diesen Dingern abgeholzt werden, die CO2 in Holz & O2 verwandeln & dabei H2O in die Luft abgeben. Aka Regenwald.... Naja...

Ich kann nicht aufhören mich zu fragen wer solche Unterscheidungen - und warum - so in einen Artikel in Anschlag bringt. Der Stern ist ja nicht das einzige Mainstreammedium, dass sich nicht zu blöde ist so eine Message und die damit verbundenen Implikationen in die Lebenswelt Ihrer Leser zu tragen. (http://www.independent.co.uk/environment/children-carbon-footprint-climate-change-damage-having-kids-research-a7837961.html)

Beide hier referierten Artikel beziehen sich auf eine "wissenschaftliche Studie". Amerikanische Wissenschaftler haben rausgefunden ... Die Frage ist echt nur wo raus?
Warum merken die Autoren denn nicht wie sie sich intellektuell bloss stellen? Oder: Was merken solche Autoren denn überhaupt noch? Und wenn die Autoren schon nichts mehr merken, was ist die Message die Redaktionen damit im Rahmen ihrer journalistischen Verantwortung den Menschen mitgeben möchte? Oder merken Autoren und Redakteure was sie da tun und schreiben es trotzdem?Und was würde wiederum das bedeuten?
Warum lacht nicht 100% der Bevölkerung den Stern einfach nur noch aus oder dreht sich beschämt weg.

Ich weiß es alles nicht. Vielleicht können manche auch zwischen Arbeit und Fernsehabend sich so noch dabei helfen lassen Ihre Investition in ein Ölauto zu rationalisieren nach dem Motto. Warum kein Ölauto? Babys sind doch viel schlimmer für das Klima! Ich weiß es alles nicht und ich bin kurz davor es auch nicht wiklrich wissen zu wollen. Was ist das für eine Welt, in der solche Ansagen durch relevante Medien in die Lebenswelt der Menschen hineinmassiert werden.

Wenn auch dafür natürlich kein durchgeknallter Philosophie-Student aus der Propagandaabteilung der Ölauto-Lobby zuständig war.... Die eigentliche Frage ist: Was sagt das über Autoren, Redakteure und Leser, die sowas lesen und schreiben und sich dabei erst nehmen?