Sonntag, 24. Mai 2009

Wieso nochmal "Sozial ist was Arbeit schafft."?

"Sozial ist was Arbeit schafft". Dieser prägnante Slogan ist ein lang und weit verbreiteter Slogan, nunmehr in allen Parteien. Ich versuche diesen mal kurz ernst zu nehmen, so als ob der Slogan mir etwas sagen sollte. Mir fallen spontan verschiedene Muster ein, die man in diesen geworfenen Knochen erkennen könnte. Um es einigermaßen kurz zu machen werde ich diesen Slogan einfach unsystematisch hinterfragen.

Offensichtlich handelt es sich hier um einen Slogan, der sich deutlich als vereinfachender Werbeslogan ausweist und dadurch zunächsteinmal jedes ernsthafte Hinterfragen seltsam aussehen lässt. Weil der Slogan aber so oft und an wichtigen Stellen (auch von verschiedenen Parteien) plaziert wird und damit der Anspruch einer ernstgemeinten Aussage angedeutet wird, möchte ich diesen Slogan hier nur kurz auf seinen ideologischen "Wert" abfragen.

Es wird hier augenscheinlich, mit einer Art Definition, ein Angebot gemacht den Begriff "sozial" in einem bestimmten Licht zu sehen. Anzunehmen ist, das es die Erwartung gibt dieser Slogan würde so verstanden, das ein Konzept von Arbeit und ein Konzept von Sozialität in eine bestimmte Beziehung zueinander gesetzt werden. Nämlich in etwa so, das im Nachgemschack ein Konzept von aktueller Erwerbsarbeit als Bedingung der Möglichkeit von Sozialität überhaupt auftaucht. Das erscheint aber wirtschafts- und politikwissenschaftlich zu konservativ (Etwas deutlicher Formuliert: unwürdig und fehlgeleitet).

Das möchte ich kurz andeuten mit einem Paar Fragen, das man Menschen stellen kann, welche solche merkwürdigen Slogan von sich geben. Ich werde gleich mal ein paar mögliche Antworten dazuverfassen, um für mich auszuprobieren wohin man kommen kann, wenn man versucht einen solchen Slogan ernst zu nehmen.


Frage
1: Ist Arbeit schaffen und Arbeit selbst gleich zu beurteilen im Bezug auf das Ermöglichen von Sozialität?

Antwort A: Diese Frage ist illegitim, weil sie impliziert, das Arbeit, so wie wir sie als moderne Erwerbsarbeit kennen, die Bedingung der Möglichkeit von Sozialität ist. Damit würden Ja- und Nein- Antworten Arbeit als Bedingung von Sozialität akzeptieren und genau damit schon verfehlt ansetzen. Ja- und Nein- Antworten würden zu weit gehen, weil sie entsprechend zu konservativ und auch zu einseitig sind, als das sie der Lage der modernen Gesellschaft angemessen wären. Die maximale Erkenntnis unter solchen Anfangsbedingungen wäre wahrscheinlich, das Arbeit genauso Bedingung von Sozialität ist, wie umgekehrt Sozialität Bedingung für Arbeit. Aber weder die Ja- noch die Nein- Antworten können die Frage nach "Bedingungen der Möglichkeit" von Arbeit und Sozialität selbst in Frage stellen ohne sich als Antwort aufzulösen.

Antwort B: Ja, wir sind doch alle gleich, sitzen in einem Boot, Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Moralisch gleichwertig, höchstens dieser unwesentliche Faktor eines gesellschaftsstrukturellen Unterschiedes. Selbstverständlich. Man ist ja kein Unmensch. Die echten Leistungsträger sind aber doch die Krankenschwestern und sonstigen einfache Menschen, das wissen wir doch, oder?, darauf kommts doch an, oder?

Antwort C: Nein, Arbeitsschaffung ist Bedingung der Möglichkeit von Arbeit, Arbeit ist die Bedingung der Möglichkeit von Sozialität, so ist Arbeitsschaffung höherwertiger als Arbeit selbst. Es gilt die Wirkfolge: 1. Arbeitsschaffung, 2. Arbeit, 3. Sozialität. Demnach sind Organisationen, die sehr viele Mitarbeiter beschäftigen aus systemischen gründen politisch zu schützen.Weil sonst unser aller Sozialität gefährdet wäre, ist doch klar, oder?

Frage 2: Ist Arbeit gar selbst ein Eigenwert von Sozialität?

Antwort A: Diese Frage ist illegitim, weil eben auch hier ein Zusammenhang von moderner Erwerbsarbeit und Sozialität im allgemeinen nahegelegt wird (siehe Antwort 1.A)

Antwort B: Diese Frage sollte meiner Meinung nach mit Nein beantwortet werden, denn bei einem ja käme man für meinen Gemschack zu nah an eine Bedeutung wie man sie als Toraufschriften von Konzentrationslager der Nazis kennt. An der NaziParole "Arbeit macht frei" wird vollends deutlich, wie nah eine Entmündigung des einzelnen Bürgers, zu welchen Zweck auch immer, liegt. wenn es eben brenzlig wird. Und brenzlig ist es nunmal immer.

Antwort C: Ja, Arbeit an sich ist genuin sozial, das gilt natürlich auch und gerade für moderne Erwerbsarbeit und deswegen ist schon aus moralischen Gründen erst in zweiter Linie nach dem Zweck einer Organisation zu fragen. Wenn viele Arbeitsplätze geschaffen werden und damit Sozialität ermöglicht wird sind Arbeitsplätze-an-sich quasi unser eigenstes Interesse, was auch immer produziert wird. Und wenn es Autos sind. Und dann Arbeitsplätze bedroht werden, dann wird schon mal der Autokonsum zum Dienst an der Umwelt, oder zumindest zum Dienst an der Sozialität. Wie auch immer, letztlich müssen wir aus moralischen Gründen auch den Zugang zu wichtigen Ressourcen, notfalls mit Gewalt, sicherstellen. Und Arbeit ist auch eine Resource. Is doch klar, oder?

Frage 3: "Macht es Sinn den Versuch zu machen diesen Slogan überhaupt ernst zu nehmen?"

Antwort: Nein.