Montag, 17. Mai 2010

Online ist Offline und Freund ist nicht gleich Freund

Besonders mit der Bezeichnung "Freund" (Friend) im Zusammenhang mit sozialen Netzen, kann man wunderbar die Reaktanz bestimmer Zeitgenossen beobachten. Diese Reaktanz wird meist von Menschen gezeigt, die diese Netze selbst eher nicht benutzen und die, das ist typisch, ihre traditionelle Bezeichnung "Freund" auf eine bestimmte Art und Weise weiter verwendet wissen wollen. Daß nun daselbe Wort auf einmal in einem anderen Kontext ganz neue Dimensionen bekommt -und man auf einmal nicht mehr mitspielen kann, bzw. neu zuhören muss-, das verunsichert offensichtlich viele Menschen, anstatt sie anzuspornen. Warum ist das so? Was passiert da eigentlich sprachlich? Das sind Fragen, die ich im folgenden kurz ankratzen möchte.

Die Frage einer dradio-Moderatorin bringt die subtile Reaktanz, die ich hier spreche, gewollt oder ungewollt schön auf den Punkt. Ich spreche hier von Reaktanz, weil die Frage um die es hier geht vielmehr eine Unterstellung als eine Frage ist. Und was diese Frage aus meiner Sicht alles unterstellt, das möchte ich in diesem Post abarbeiten.

Die Frage: "Was soll ich eigentlich mit 400 Freunden auf "blablabla", wenn die Beschäftigung mit "blablabla" mich dauerhaft daran hinter diese Freunde im echten Leben zu treffen?" (siehe hier auf deutschlandradio)

Nun möchte ich nicht behaupten, das der Begriff "Freund" für und in den sozialen Netzwerken besondern ungünstig oder günstig gesetzt worden ist, oder das diese Setzung ein interessantes Thema wäre. Es ist für mich interessanter zu beobachten, was die Menschen daraus machen und wie sie mit der Zumutung umgehen, das ein scheinbar alt bekanntes Schema angetriggert wird, nämlich das des Freundes, nun aber mit dem Begriff Freund zusätzlich etwas ganz anderes (grösstenteils unbestimmtes) bezeichnet wird. Es liegt auf der Hand, das mit dem Begriff Freund (oder Friend) ein neues Phänomen bezeichnet wird. Der erste Reflex ist klar (zumindest nachvollziehbar). Man unterstellt ein Entweder-oder der Bedeutungen eines Wortes und geht damit in Abwehrhaltung: "Wat soll dat denn?"... Dann hört man, das es was mit dem Internet zu tun hat, das man sowieso kritisch bewertet und ...taaadaaa... schon hat man eine sprudelnde Quelle für Trolle geschaffen. Diese werden dann nämlich nicht lange warten ihr traditionelles Begriffsschema "Freund" gegen das Internet-an-sich auszuspielen (als quasi oppositionelle Trotzhaltung, könnte man meinen).

Die Klisches liegen dafür auf der Hand: "hey, das ist voll doof, hier gibt es ja garkeine richtigen Beziehungen", "hier ist alles so oberflächig", usw. Ich meine was soll das? Geht man in den Puff und wundert sich, das man nicht wirklich geliebt wird?... Oder besser anders: Verwendet man die Strassenbahn und beschwert sich das der Service so unpersönlich war, weil man nicht bis vor seine Haustür gefahren wurde? Nein, das tut man nicht! Aber das interessante ist ja gerade zu beobachten, wie es in der Debatte eben nicht um sachliche Argumente, bzw. Vergleiche geht, sondern wie in einer Art pseudomoralischen Wort- und Unterscheidungspielerei versucht wird sich seine kleine Welt zu retten. Und das meine ich garnicht so böse wie es vielleicht klingt. Im Prinzip gilt das für alle, irgendwie natürlich auch für mich.

Vordergründig wird also erstmal unterstellt, das sich der Begriff "Freund" auf das traditionelle Schema bezieht, mit dem man dann fragen kann: Aber Was ist denn ein Freund, wenn er nicht für mich da (im Sinne von räumlich da) sein kann? Ist viele Freunde haben besser als wenige Freunde zu haben? (in diesem Zusammenhang wird z.B. meist die Unterscheidung oberfläche/tiefe benutzt um zu sagen: lieber wenige tiefgehende als viele oberflächige Freundschaften). Man könnte weitere Erwartungen auflisten, die man an Menschen richtet, die man traditionell Freund nennt. Das erspare ich uns an dieser Stelle, weil vermutlich klar geworden ist was ich meine. In einem Interview bringt es ein grosser deutscher Soziologe mit einer Frage auf den Punkt: "Was war eigentlich der Test, den man machen musste um zu wissen: ist der ander mein Freund oder nicht?". (vlg. Link zu Interview , ab 48:00 min)

Diese Frage wird aber üblicherweise nicht gestellt und auch nicht berücksichtigt. Sondern an dieser Stelle gibt es einen interessanten moralischen Reflex, der scheinbar zu einem Rückgriff auf quasi-ontologische Skripte einlädt. Vielleicht weil man das Gefühl hat die Sünde zu begehen den Freund zu verraten, wenn man eingesteht, das sich eine solche Beziehung über Kommunikation und immer nur über Kommunikation, also medial vermittelt und natürlich im Einzelnen immer auch perspektivische Konstruktion ist.

Auf jeden Fall kann man beobachten, das Erwartungen den "alten Freund" betreffend zunächst relativ naiv 1:1 übertragen und auch eingefordert werden. Das mag eine (wohl eher konservative) Strategie sein, sich mit Neuem zu konfrontieren. Nur wird das aus so einer Perspektive wahrscheinlich kein angenehmes Unterfangen. Bis man festgestellt hat, das der damit verbundene Ärger die Unannehmlichkeiten nicht aufwiegt, hat man wertvolle Zeit verschwendet.

Wie auch immer, trotzdem wird oft der Versuch unternommen den "Freund" in sozialen Netzwerken zu verstehen mit dem Konzept des alten Freundes von Nebenan. Aufgrund der genannten Erwartungen bieten sich offensichtlich schnell moralische Kategorien an, in denen man seine jeweilige Meinung einfach weiter verstärken kann, ... "daß das nämlich mit dem Internet eh nichts ist, schon weil es so unmoralisch ist", usw. Solch "semantische Shortcuts" werden auch gern genommen, um sich bei der vermeindlich sachlichen Darstellung eines Themas selbst als sehr moralisch darzustellen und so im Kampf gegen das Böse die eigene sachliche Inkompentenz zu überspielen (was ein wenig plump ist, nichtsdestotrotz aber sehr häufig zu beobachten ist und offensichtlich im Bezug auf das eigene Ansehen Honorierung findet. Was auch irgendwie nachvollziehbar ist. Wenn man nun als Zuhörer selbst nicht so richtig versteht worum es geht, aber mitreden möchte, dann sind natürlich moralische Aufhänger ein gern genutztes, weil einfaches (nur leider fatales) Mittel der Orientierung. Fatal, weil solche moralischen Aufhänger strukturelle gesellschaftliche Anpassungen erschweren oder blockieren (vgl. z.B. hier: Ethische Implikationen einer Theorie autopoietischer Systeme).

Aber dieser Begriff "Freund" ist ja in der zitierten Frage nur der "moralische Aufhänger". Für sich allein genommen wäre das wenig spektakulär. Denn mal ehrlich, irgendwann wundert sich keiner mehr, daß z.B. das Wort "hell" oder das Wort "gift" in der deutschen Sprache eine andere Beudeutung haben, als in der englischen Sprache. Ebenso kann man auch gelassen beobachten das sich über Subkulturen sozusagen Sprachen in der Sprache entwickeln.

Interessant finde ich an der Frage der Moderatorin aber vielmehr wie an diesem moralischen Aufhänger, also an der Frage "Wozu Freunde im Netz?", dann weitere Unterscheidungen mitangehängt werden, die dann -im übertragenen Sinne- eher nahelegen doch zu versuchen auch im Englischen seine deutsche Bedeutung des Wortes "hell" im Alltag weiter zu verwenden. Ein Hinweis darauf, daß das Eine mit dem Anderen soviel zu tun hat wie Erpsen mit Wolken erspart sich diese Frage vollends. Vielleicht um diese selbstproduzierte Verwirrung im Nachhinein weiter moralisch auskosten zu können. (Schade das Humanisten moralisch so selbstverliebt sind, sonst würden sie an dieser Stelle eventuell merken, das sie ständig die selbstgelegten Eier im eigenen moralinsauren Saft braten.)

Ich denke, das wir mit Sprache in Zukunft -auch im Alltag- etwas sensibler umgehen müssen. Und es wäre vielleicht unpraktisch sich allzuschnell von moralischem Blendwerk einschüchtern zu lassen und neue Begriffe abzublocken, bzw. nicht weiter auszuloten, auszuprobieren. Unsere Welt verändert sich, also verändert sich unsere Sprache. Und das ist zunächst mal sehr hoffnungsführend, weil das immer die Möglichkeit mitsichbringt unsere Sprache und damit unsere Welt um ein paar Dimensionen zu bereichern (wenn wir behutsam und gedultig mit Ungewissem umgehen lernen).

Neben der Überbetonung eines traditionellen Freundesbegriff in diesem Kontext und der daraufhin zu erwartenden Reaktanzbewegung ist aber noch ein anderer Aspekt dieser Frage erwähnenswert. Nämlich das sie mindestens vier Unterscheidungen mitsichführt und eine seltsame Überlagerung dieser Unterscheidungen impliziert.

Nochmal zur Erinnerung die Frage: "Was soll ich eigentlich mit 400 Freunden auf "...", wenn mich die Beschäftigung mit "..." dauerhaft daran hinter diese Freunde im echten Leben zu treffen" (diese hier auf dradio)

Die Unterscheidungen von denen ich hier spreche sind:

Online/ Offline,
echt/ unecht,
real/fantasiert,
nützlich/unnützlich.

Und diese Unterscheidungen werden quasi in der Subtextdimension der Frage auf eine bestimmte Weise übereinandergelegt.

Offline = Echt = Real = Nützlich und Online = Unecht = Fantasiert = Unnütz

Es ist eigentlich untypisch für eine Spezies, die normalerweise sehr schnell etwas für "real" hält, bloss weil sie Zahlen darüber sieht oder weil etwas in ihrem visuellen Systemen registriert wird. Und eine sichtbare Oberfläche des Netzes und eine räumliche Körperlichkeit der Rechner können wir nun nicht leugnen.

Die für mich entscheidende Frage ist: Warum weigert man sich als "real" zu erkennen, was wir in unseren Handlungen berücksichtigen?, egal ob es real, imaginiert, konjunktiv oder negativ ist oder nicht! Es ist doch allzuoft so wie ein bekannter Bremer Psychologe letzt twitterte: "Form follows fiction" (Link zum Tweet). Gerade was das Netz betrifft lässt sich nur noch sehr verzweifelt leugnen, das die Vernetzung der Menschen dramatische Konsequenzen in der Welt nach sich zieht. Nicht nur weil immer mehr kleine Onlinegeschäfte parallel Offlinegeschäfte eröffnen und schon so eine Form der Fiction followed, sondern weil wir schon viel länger -wenn man so will- virtuelle Medium für gesellschaftliche Formen kennen und nutzen (z.B. Geld, dessen Bedeutung für unsere Welt wohl keiner unterschätzt.  auch wenn es in der Hauptsache "online" vorkommt. Es lohnt sich an dieser Stelle dem Unterschied von Verbreitungsmedien und Kommunikationsmedien nachzugehen und festzustellen, das Medien nicht nur nach ihrem Verbreitungsaspekt beurteilbar sind).

Ich möchte jetzt auf die Frage eingehen warum Menschen sich so reaktant verhalten. Ein Hinweis findet sich vielleicht in der Vermutung, das es nicht einfach nur um die zusätzliche Aufnahme eines einzelnen neuen Wortes geht, sondern, wenn ein neues Phänomen in der Welt sprachlich berücksichtig wird, sozusagen "gehandled" werden muss, und sich so mit Bedeutung aufläd, dann verändert sich im Prinzip die ganze Bedeutungswelt drumherum mit. Das ist der Fall, weil Bedeutungen nicht isoliert vorliegen, sondern Bedeutungen emergieren immer in einem assoziativem, rekuriven Netzwerk aus Gedanken (Stichwort Strukturdeterminiertheit), das eingebettet ist in Kommunikation. Und wenn sich an einer Stelle etwas ändert, dann ändert sich immer auch anderes mehr oder weniger mit (vgl. Ashby Homöostat). Oder um es viel verständlicher und schöner mit Lennon und McCartney zu sagen: „... . And those memories loose their meaning when i think of love as something new. “ (Lennon & McCartney, 1965). Um eine ähnliche Zumutung geht es hier im Beispiel des Freundes. Im übertragenen Sinne gilt also: And those memories loose their meaning when i think of FRIENDS as something new. Wenn man nun auf die theoretischen Befunde und auf die Beatles hört, dann liegt es nahe mit dem Aufkommen neuer Phänomene, die dann sprachlich angegangen werden müssen, sozusagen eine Krise des Gedächtnisses zu erwarten. Und diese Krise begründet sich darin, das neue Begriffe durch die Neukombination immer schon vorhandener Schemata unterschieden werden müssen (Stichwort Skripte, z.B. auch hier). Das fordert auf einmal eine höhere Sensibilität im Bezug auf die Plausibilisierung von Begriffen hin auf einen bestimtmen Kontext. Die Verwendung von Begriffen wird anspruchsvoller. Ohne die sensible Beobachtung des Kontextes kann ich nicht mehr mitreden (oder mitlesen). Wenn ich nicht realisiere, das z.B. schon die Betonung eines Wortes unterscheidet ob es als Beleidigung oder als Begrüßung erlebt wird, dann bin ich sozusagen einem erhöhten Risiko ausgesetzt mißverstanden zu werden und soziale Nachteile zu erfahren.

Im Prinzip wird die Veränderung hin zu einer Orientierungsverbesserung durch die distinguiertere Verwendung von Sprache immer auch mit einem abstrakten Risiko der Orientierungsverschlechterung bezahlt (auch und gerade wenn es insgesamt einen Orientierungsvorteil ergibt). Sei es durch temporäre Konfusion, sei es durch das möglicherweise fälschliche Einlassen auf eine Veränderung, die man im Nachhinein betrachtet vielleicht hätte anders machen könen.

Es bleibt also recht nachvollziehbar, das Bedeutungsveränderungen von gesellschaftsweit hochrelevanten, ja brisanten Begriffen und Unterscheidungen dementsprechend als besonderes Risiko erlebt werden. Wir müssen immer entscheiden und das ist immer mit Risiko verbunden. Es macht einen Unterschied, aber wir können (gottseidank) nicht verhindern das die Entscheidung einer Entscheidung immer eine Ungewissheit, also auch nicht mitgedachte Konsequenzen für den Entscheider und andere mit sich bringt. (Das erscheint besonders trivial, wenn man versteht, daß das kein Handycap sondern eine Bedingung von Ideenevolution ist). Erstaunlich ist, das oft nicht mitbeobachtet wird, das Ungewissheit uns sozusagen erst die Möglichkeit gibt zu lernen. Oft wird bibbernd auf eine Ungewissheitsvermeidungsstrategie gesetzt, um Ungewissheit bloss zu umgehen. Statt wenigstens hin und wieder den Versuch zu machen die Ungewissheit methodisch zu berücksichtigen, denn ohne Ungewissheit keine Überraschungen, keine Information (also strenggenommen auch keine seriöse Methode).

Aber sobald Ungewissheit in Sicht kommt dann wird allzuschnell rumgeheult und das Ende des Abendlandes ausgerufen. Es werden die moralischen Keulen rausgeholt und solange benutzt bis sich keiner mehr bewegt. Hauptsache es ändert sich nichts von Bedeutung. Allerdings werden die moralischen Wunderwaffen gegen Neuerungen zunehmend wirkungsloser. Das beobachte ich wiederum mit ebenso zunehmender Freude.

Man müsste vielleicht sogar sagen, das jede grosse Enddeckung für die Menschheit zunächst ein enormes Risiko war und im Prinzip auch blieb. Manchmal könnte man fast den Eindruck gewinnen: je mehr Risiko in einer Veränderung, desto mehr Vorteil liegt potenziell auch in ihr.

Es macht natürlich auch keinen Sinn ein politisches und wirtschaftliches Risikopotenzial klein oder gar weg reden zu wollen. Nur, welchen Sinn macht es vor Freiheit/Risiko/Chance generell Angst zu haben? Im vergleich z.B. zu gentechnologischen, lebensmittelchemischen, pharmazeutischen und chemischen Eingriffen in unsere Alltagswelt finde ich politische und wirtschaftliche Risiken durch den Computer im Prinzip recht sympathisch. Schon weil ich das Gefühl habe in diesen Bereichen können wir Alle (wenn auch nicht im Einzelnen kontrolliert) durch Entscheidungen auf Entscheidungen reagieren und Dinge sogar quasi-rückgängig machen ohne unbedingt körperlichen Schaden anzurichten. Das ist bei -ich sage mal- Strukturentscheidungen in biologischen Systemen nicht so. (Nicht jede Veränderung (sogar nur ein winziger Teil) der Veränderungen in einem Körper sind Veränderungen auf die ein Bewusstsein reagieren kann. Kohlenmonoxid führt z.B. in entsprechender Konzentration zur Bewusstlosigkeit und dann zum Tode, ohne das ich es riechen und damit registrieren könnte. Radioaktive Strahlen oder schlicht meine Nahrungsaufnahme verändern mein Genom, ohne das dies unbedingt bewusstseinsfähig ist.) Wir können zwar politisch entscheiden, das z.B. bestimmte Nahrungszusätze kein Problem sind, aber die biologischen Konsequenzen können wir nicht entscheiden, die müssen wir abwarten. Wenn es aber wie mit dem Internet Risiken sind, die zunächst deutlich keine biologischen, sondern gesellschaftliche Veränderungen und damit Risiken provozieren, könnten wir doch eigentlich ganz entspannt sein. Auch wenn wir schlimme falsche Entscheidungen treffen, können wir diese mit weiteren Entscheidungen weiterbearbeiten, ohne das wir gleich unsere Spezies in unverantwortlicher Weise bedrohen.

Es muss doch klar sein: Leben ist Risiko (Sonst gäbe es auch keine Evolution). Das zu leugnen, Risiken als Korruption zu behandeln und so zu verdrängen, das macht uns letztlich auch unfähig mit Risiken sinnvoll zu kalkulieren. Und mit Risiken sinnvoll zu kalkulieren ist eine wesentliche Leistung in komplexen Systemen. Risiken bewusst einzugehen oder schon darüber nachzudenken steht ja aber oft schon kurz vor dem moralischen Tabubruch (und wird auch mit diesem oft schlicht verwechselt). Das könnte politisch ein Problem werden.

Ich vermute das Internet kann in Zukunft eine deartig schnelle und auch qualitativ hochwertige Kommnuikation ermöglichen, das die Demokratie wohl eher nicht gefährtet ist (im Gegenteil). Dennoch wird sich die Demokratie, wird sich Politik und Recht anpassen also verändern müssen. Nur wenn Politik und Recht sich nicht verändern, nicht anpassen, dann bekommen wir ein Problem mit der Demokratie. Schuld wären dann aber nicht der Computer oder das Netz, sondern politische und rechtliche Versäumnisse.

Zunächst kann man doch folgendes feststellen: Durch das Internet wird mehr gelesen und auch mehr geschrieben als je zuvor. Es wird gelernt (also es werden Fehler gemacht) in einem Ausmaße, das es so natürlich nie zuvor gegeben hat. Das kann ich im Moment nur gut finden.Was könnte uns besseres passieren als Wissen so teilen zu können, wie wir das mit dem Rechner können und so über Gesellschaft (neu) nachzudenken? Aber man muss schon lernen wollen, man muss mit Fehlern umgehen können (Ansonsten kann man ja auch immernoch weiter fersehen).

Mein Plädoyer ist also: Lasst uns doch die neue Technologie nutzen und entspannt schauen, was das mit unserer Sprache und unserer Welt macht. Und lasst uns nicht so tun als ob wir uns schon immer super verstanden hätten und das dieses tolle Verständnis nun bedroht wäre. Unsere Welt verändert sich, unsere Sprache verändert sich; und das ist gut so.

Wer weiß welche gesellschaftliche Bedeutung sogenannte Freunde/Friends im Netz in der Zukunft haben werden. Auch wenn es danach aussieht als ob wir mit "Freunden" im Netz nur andere Menschen bezeichenen, die eine Art Medien-Filter für uns darstellen. Ich glaube kein Mensch weiß richtig wohin sich das mit diesem Phänomen entwickeln wird und was "Netze aus Freunden" in der Zukunft anstellen werden. Nur das sie ein Ersatz für traditionelle Freunde sein werden, das kann man wohl ausschließen. Darum geht es schlicht nicht.

Die sehr weitreichende, lose Kopplung einzelner Teilnehmer im Netz hat eher das Potenzial unfassbar schnell, weitreichend und vor allem "kollektiv" bestimmte Probleme/Themen herauszugreifen und diese gesellschaftsweit für die weitere Verwendung vorzuschlagen. Das gab es in dieser Reichweite zuvor noch nie. Das klingt trivial, aber genau diese Funktion des Heruasgreifens von Themen und ihre einführende Vorstellung wurde traditionell exklusiv von den klassischen Gatekeepern erfüllt und diese Gatekeeper haben so in gewisserweise die Form der Kommunikation, die Form der Gesellschaft beeinflusst. Und das diese Funktion sich aus den Händen von Wenigen in die Hände der Vielen bewegt, das ist für mich DIE entscheidende Weiche, die unsere Gesellschaft in zukunft auf ein völlig anderes vielversprechendes, aber nicht unbedingt risikoarmes Gleis bringen wird.

Wie auch immer. Wir sollten immer mitdenken, das wir nur kontrollieren können, wovon wir uns abhängig machen. Und das wir vor allem nicht alles kontrollieren müssen. Das ist nun mehr ein Hinweis auf die schon jetzt vorhandenen Kontrollen und Abhängigkeiten, als ein ängstlicher Blick auf die zukünftigen Möglichkeiten. Im Gegenteil, ich könnte mir vorstellen, das wir in Zukunft viel weniger kontrollieren (also Kontrollillusionen auflösen), damit unnötigen Stress abbauen und so Resourcen freibekommen für gemeinsame Reflexionen und lernen.

Wir sollten nur keine Angst haben, sondern uns geraden Rückens und offenen Auges dem Spaß hingeben der da auf uns zukommen wird (und dabei trotzdem nicht vergessen, das die Welt kein Kindergeburtstag ist).