Donnerstag, 10. November 2016

Es gibt diese merkwürdigen Interaktionen im Netz

Es kommt zum Beispiel regelmäßig vor, dass Leute ihre alten Bücher verschenken. Und nicht nur das. Sie übernehmen dafür die Versandkosten, dass das Buch auch beim Beschenkten ankommt (Bsp. Büchersendung Post: €1 oder €1,65). Das tun sie unter der Prämisse, dass derjenige, der so beschenkt wird, ebenso Bücher anbietet, die er auf diese Weise an wieder andere weitergibt. Gesehen habe ich das erstmals bei @kusanowsky und @confabulatus. Eine solche "soziale Bewegung" und sei sie noch so klein ist schlichtweg genial und einfach zu Lobpreisen. Im Prinzip investieren die Beteiligten ja in eine Art diffuses Vertrauen in die Nächstenliebe, ... vielleicht besser gesagt: in des Nächsten Buch. Oder man sieht in den Versandkosten das ausgemünzte Vertrauen eines Schenkenden darin, dass er/sie auch irgendwann mal, bei irgendwem ein Buch findet, das sie/ihn interessiert und er/sie so auch mal "Nächster" werden kann. In beiden Fällen wird ein Verschieben von Büchern zeitlich, sachlich und sozial generalisiert möglich und dazu sehr leichtgängig gemacht. Und auch wenn Strukturen aus "Man-gibt-dem-Einen-und-nimmt-vom-Anderen-Pfaden" nicht auf Tausch angelegt sind, weil der Einzelne zunächst gibt, ohne einen bestimmten Gegenwert im Auge zu haben; so kann es sich u.U. für den Einzelnen über die Zeit wie ein "Tausch mit einem System" darstellen. Ich finde das theoretisch eine spannende Stelle.
Das Problem der Kommunikation zwischen einander Unbekannten wird in der Praxis durch Twitterprofile oder andere Social-Media-Profile als Kontaktadressen überbrückt. Aber was dieser Art von Interaktion zwischen einander Unbekannten vor allem noch sehr nützlich sein kann, das ist ein Index, in dem die Beteiligten ihre zu verschenkenden Bücher eintragen. Ein Index, der sozusagen die zeitliche, soziale und sachliche Generalisierung des Verschiebens von Büchern zwischen Gebenden und Nehmenden unterstützen und so ein Gefühl des "Tausches mit einem System" wahrscheilicher machen kann. Ein Index zum Stöbern, bei dem an jedem Buch-Eintrag ein Link zu der Social-Media-Seite des verschenkenden Benutzers zwecks Kontaktaufnahme anhängt. Als ich die Aktivitäten von @kusanowsky , @confabulatusund anderen sah, dachte ich zumindest, dass soetwas helfen könnte. So habe ich ein System, das ich mal in einem anderen Zusammenhang programmiert habe, etwas abgeändert und stelle es hiermit gern für solch ökonomisch subersive Umtriebe zur Verfügung. In diesem Sinne ist "öffentlicher-Bücherschrank.de", bzw. "öBsch.de" ein privates, nicht-kommerzielles Projekt zur Förderung der Kooperation zwischen einander unbekannten.
Ich hatte die Freude mit @adloquii im #KZU-Podcast darüber zu sprechen.