Samstag, 26. Januar 2019

Wirre Wahrnehmung

Gern stellen wir uns vor, dass das was wir anfassen können, uns ein Erleben von Masse vermittelt. Wir erleben etwas als schwer, bzw. leicht. Wenn wir z.B.eine Milchtüte hochheben sind wir sogar relativ gut darin den Füllstand abzuschätzen, ohne ihn zu sehen. Es gibt auch gute Gründe dieser Wahrnehmung zu trauen. Sie ist nützlich und geeignet. Etwas auf dem Markt. Andererseits haben wir (fast) alle mal in der Schule gelernt, dass 99% der Masse eines Atoms sich im Kern befindet, dessen Ausmaße nur 1/25000 des Durchmesser des ganzen Atoms sind. Unserem naivem Weltbild widerspricht es erstmal, weil wir ohne nachzudenken unterstellen, dass Masse fest und gleichverteilt vorliegt; und wir deswegen z.B. auch dagegenstossen und nicht durchsehen können. Nun sagen uns die Physiker: >99% des Volumens haben mit Masse nichts zu tun. Wodurch sind wir eigentlich irritierbar? Was sehen wir, was hören wir, was tasten wir? Was ist sozusagen Reizgrundlage? (btw. Hier gibts ein gutes Erklärbar zum Tasten: https://youtu.be/yE8rkG9Dw4s).
Anmerkung für Leser: Wenn ich so drüber nachdenke, welchen Zusammenhang ich den Gedanken gebe, die ich hier zusammenzuschreiben versuche, dann möchte mit dieser Schreibmeditation ganz frivol auf eine Innen/Aussen-Differenz zielen und meine aktuellen Gedanken mit der Axt zu sortieren - wie üblich hier.

Die Antwort auf die Frage “Wodurch sind wir irritierbar, worauf springen unsere sensorischen Oberflächen an?” ganz einfach zu beantworten: Durch elektromagnetische Wellen oder Luftdruckveränderungen. Gewisse Wellenlängen elektromagnetischer Art nehmen wir als Wärme wahr, andere können wir sehen, wieder andere können wir benutzen, um unser Radio darauf einzustellen (um so wiederum Luft in schwingung zu versetzen), oder uns zu röntgen, usw. https://de.wikipedia.org/wiki/Elektromagnetisches_Spektrum#/media/File:Electromagnetic_spectrum_-de_c.svg). 

In unserem Erleben stellen sich verschiedene Wellenlängen als unterschiedliche Qualitäten dar. “Da draussen” ist es erstmal nur ein quantitativer Unterschied. An diesem Punkt sei noch darauf hingewiesen, dass andere Lebewesen durch andere Wellenlängen irritierbar sind. Oder sie arbeiten mit ähnliche Wellenlängen kognitiv ganz anders damit. So z.B. verarbeiten Eulen die Luftdruckveränderungen an ihren entsprechenden sensorischen Oberflächen (aka Ohren) auch in ihrem visuellen Cortex. Was den Schluss nahelegt davon auszugehen, dass Eulen das Rascheln einer Maus unter 20cm tiefem Schnee, in locker 20m Entfernung, nicht nur hören, sondern auch sehen.
Im Alltag beruhigen wir uns mit Bezeichnungen. Wie z.B. “Optische Täuschung”. Und täuschen uns damit vor, dass unter “normalen” Bedingungen, die Dinge so erscheinen, wie sie sind. Und da stehen wir dann. Beruhigt und voller Selbstbewusstsein. Manchmal denken wir vielleicht daran, dass die Tasse in unserer Hand ein seltsames Volumen-Masse-Verhältnis inne hat. Dass die Oberflächen, die wir sehen, nicht deshalb undurchsichtig und ggf undurchdringlich erscheinen, weil eine gleichverteilte opake Masse dies verhinderte. Was den Aussenkontakt angeht hat unser Körper eben nur seine verschiedene sensorische Oberflächen, die entweder durch Luftdruckveränderungen oder elektromagnetische Wellen irritiert werden können. Und “irritiert werden können” heißt hier: die Nervenzellen der sensorischen Oberflächen verändern die Frequenz ihrer Aktivität. Oder wie Heinz von Foerster mal pointierter sagte: Es entsteht ein anderes Muster von Klick-Klick-Klick; womit er auf das Prinzip der undifferenzierten Kodierung hinwies. Was uns deutlich zeigt, dass an den sensorischen Oberflächen keine qualitativen “Argumente” übergeben werden. Und die Qualitäten unserer Wahrnehmung sich aus der Organisation des kognitiven Systems allein und nicht durch Eigenschaften des irritierenden Agens begründet.

Umso faszinierender ist in dem Sinne zu verstehen, was unser neuronales Netz so macht. Z.B. mit Schall (Luftbewegungen); Nur in Aussnahmefällen kommt es bei Menschen vor, dass Schall in gewisser Weise visuelles Erleben triggert (Synästhesie). Was es aber routinemäßig macht ist z.B. eine Analyse der Obertonreihe von Klängen. Aus einer spezifischen Verteilung von Obertönen in einer Stimme errechnen wir z.B. wem wir diese Stimme zuordnen. Ohne die Obertöne würde jede Stimme gleich klingen. Auch wenn der Erlebende keine Vorstellung von davon hat was eine natürliche Obertonreihe ist, sein sensorische Oberfläche reagiert darauf und sein neuronales System schwurbel aus den sich verändernden Klickmustern einen Qualitativen Eindruck mit Orientierungswert. Offensichtlich können wir so relativ gut auf Unterschiede reagieren und dabei selber welche Erzeugen. Nur mit die Idee, dass irgendetwas in unserem Erleben so erscheint, wie es da draussen ist, die kann verworfen werden, bzw. ist semantische Krücke.
Du fragst Dich jetzt vielleicht: “Wo? Wo, ist der Bus mit den Leuten, die das wissen wollen?