Ich erinnere mich: In den 80er Jahren war Deutschland ein Land, das jede innovative Schikane mitmachte. Aber nach 30 Jahren Lobby-Gejammere, dass Neuerungen den Tod bringen, haben wir eine Kultur entwickelt, die das glaubt und lebt. Jetzt machen andere den innovativen Shice.
Bis in die 80er Jahre hatten wir hohe Löhne und eine relativ gute Position der Arbeitnehmer. Das hat die Firmen im wahrsten Sinne gezwungen, sehr effizient zu sein, bzw. gut zu organisieren. Diesen Effizienz- und letztlich auch Innovationsdruck hat sich im Falle Deutschlands die Autoindustrie mit zunehmendem Erfolg vom Leib gehalten. Dazu sind Arbeitnehmer in den letzten 30 Jahren relativ billig geworden, was strukturell wohl auch ein Erfolg der Industrielobby ist, die entsprechende Narrative unter das Volk bringt und damit erfolgreich Sozial-PR macht (bspw. "Sozial ist was Arbeit schafft").
Das Ironische ist, dass die Erfüllung quasi aller Wünsche der Industrie diese in gewisser Weise zerstört hat. Sich per Lobbyarbeit über 30 Jahre sogar gesetzliche Mindeststandards so hinzubiegen, dass absolut jeder Innovationsdruck weg ist, das führt, wie die Geschichte oft zeigte, zu großen, behebigen Klötzen, die keine Chance mehr haben, den Innovationsstau aufzuholen. Schon, weil ihr ganzes Tagesgeschäft im gewissen Sinne weiterlaufen muss und neue Fertigungsverfahren nicht parallel zu den alten im Betrieb gewechselt werden können. Zumindest nicht schnell genug für eine Konkurrenz, die bei 0 anfängt und ihre Fertigungsverfahren und Kapazitäten den neuen Anforderungen von vornherein anpasst und dabei keine Altlasten hat.
Man kann die These stabil formulieren, dass Firmen einen gewissen Druck, ein gewisses gesellschaftliches Gegengewicht, brauchen, um effizient, nachhaltig und dem Menschen dienlich zu sein.
Jeder, der erzählt, dass man Firmen einfach nur priorisiert ihre Wünsche erfüllen muss, damit eine Wirtschaft sich effizient, nachhaltig und dem Menschen dienlich strukturiert, der ist naiv oder PR-Mann einer alten Industrie, die blind auch gegen die eigenen Interessen den kurzfristigen Gewinnvorteil sieht.