Samstag, 20. April 2013

Das Nacheinander unserer Gleichzeitigkeiten

Der Begriff Gleichzeitigkeit läd im Prinzip jeden der es zulässt zu ganz aussergewöhnlichen Gedankenexperimenten ein (Die ich hier natürlich nicht ausführen werde, sondern nur auf ein zwei davon ein bischn improvisieren möchte). Die Tradition von Theorien, die uns als prozesshafte, sich selbst beobachtende System-Umwelt-Verhältnisse beschreiben ist lang (wenn auch nicht dicht gepackt) und wirklich inspirierend.

In der Gleichzeitigkeit gibt es keine Kausalität. Das ist z.B. so eine Formel, die so oder so ähnlich, bei C.G. Jung genauso wie bei Niklas Luhmann zur Entfaltung von Widersprüchen in einer Theorie der Beobachtung genutzt wird.

Nehmen wir mal als Ausgangspunkt, dass unser Bewusstsein alles was in einem Zeitfenster von ein paar Millisekunden stattfindet als gleichzeitig erlebt. Das hat z.B. zur Konsequenz, dass wir Bewegungen, die binnen der paar Millisekunden wieder ihre Ausgangsposition einnehmen, die würden wir schlicht nicht wahrnehmen.

In dieser Zeit findet das statt was Du gerade als Dein Erleben erlebst. Das ist sozusagen der Takt Deines Bewusstseins. Das ist das eine. Und das andere ist: Schon weil das Licht Zeit benötigt (ganz zu schweigen von der Konstruktion der Wahrehmung) sieht ein Beobachter den anderen nicht in seiner Gleichzeitigkeit, sondern sozusagen leicht zeitversetzt (In etwa so wie wir eine 8 Minuten alte Sonne sehen. Gut, die Zeit ist unvorstellbar kürzer, aber mir geht es auch diesbezüglich nicht um die Länge oder Kürze dieser Zeitspanne des Taktes, sondern um die Berücksichtigung der Tatsache, dass es auch an dieser Stelle überhaupt Takt braucht).
Nun, das heisst, dass selbst wenn wir ein doppelt so krasses Gehirn hätten, mit dem wir meinetwegen technisch während des Sprechens dem anderen auch noch zuhören könnten, wir also nicht abwechselnd sprechen müssten, trotzdem würde. sozusagen semantisch. das Problem der Interpunktion auftreten.

Jeder erlebt das was sein Bewusstsein ihm konstruiert. Und einen kleinen Teil davon kann jeder sogar beeinflussen. Das meiste allerdings nicht. Auch wenn wir beispielsweise wissen, dass Farben Konstrukte des Bewusstsein sind. Wir können nicht ab sie auf eine Weise immer auch noch als Eigenschaft der Oberfläche verstehen zu können. Wir wissen zumindest weiter was gemeint sein soll, wenn z.B. eine Firma einen Farbton patentiert.
So können wir auch wissen, dass unsere erlebte Gleichzeitigkeit in gewisser Weise eine Latenz eines selbstreferenziellen Beobachters ist und eigentlich nur den Bereich markiert in dem wir nicht weiter auflösen können (Und das auch unabhängig von der Länge der Zeit, alle Beobachter einen solchen blinden Fleck in der Zeit mitsichtragen müssen); Aber wir können trotzdem weiter so tun als ob wir nicht immer nur diese paar Millisekunden hätten in denen wir uns orientieren können, sondern ein ganzes Leben haben. Auch wenn wir eigentlich wissen, dass das was wir als unser Leben bezeichnen immer nur das ist was als Ausgangspunkt von unserem Gedächtnis in die nächsten Millisekunden Gleichzeitigkeit geschmuggelt wird.

Daraus folgt im Prinzip, dass das was wir aus diesem Zeitfenster in die Zukunft und die Vergangenheit hinein verlängern vorsichtig gesagt Spekulation ist, die erstaunlicherweise ihren eigenen "Gestaltregeln" folgt. Nun haben wir durch Kommunikation die Möglichkeit uns im Nacheinander zu ordnen, zu koordinieren, all unsere Millisekunden Zwischenspeicher so füreinander verfügbar zu halten, dass wir uns und unsere Geschichten gegenseitig in unser Leben einbauen können. Das läuft über Geschichten, die das Leben schreibt genauso, wie über neuronale Interferenzen, die unsere Organismen “schreiben”. Und natürlich tragen uns organische Prozesse, die auch längere Zyklen aufweisen, aber unser Erleben bleibt uns etwas sehr Beengtes, etwas extrem ausschnitthaftes, etwas flüchtiges. Und wenn wir uns noch so sehr Mühe geben, das mit kohärent geschriebenen Lebensläufen und den entsprechend starken Kontroll- und Planungsillusionen zu verdrängen. Natürlich können wir Planen und Kontrollieren.... Aber der Preis von Planung und Kontrolle ist vielleicht noch nicht ganz klar. Und so wird noch etwas unbedarft eingekauft (um mal im der Metapher zu bleiben). Dass Kontrolle immer auch bedeutet von der eigenen Kontrolle kontrolliert zu werden, das Planung immer auch bedeutet von den eigenen Planungen veplant zu werden, das ist die andere Seite der Medallie. Und die besagt, dass wir letztlich unser Verhalten binden müssen an das Überdauern bestimmter Technologien und deren Folgen (Ergebnissen von Planung und Kontrolle), die wir u.U. nicht mehr einfach so abschalten können. (z.B. Atomkraftwerke, ab einem bestimmten Zeitpunkt Gentechnik , den Busfahrplan). Das ist nicht gut oder schlecht. Es sollte nur allgemein berücksichtigt werden, wenn man sich die Frage stellt: was soll das alles überhaupt?